Wenn Arm und Lenker eins werden

Wie Freiburger Experten dem jungen Para-Triathleten Tom Meixelsberger mit High-Tech in den Rennradsattel verhelfen

 

Tom Meixelsberger sitzt fest im Sattel seines Rades. Eine Kamera erfasst dabei seine genaue Sitzposition. Patrick Kromer von der Freiburger Firma Schaub kontrolliert die Daten auf seinem Monitor. Nur noch etwas Feinschliff – und für den 19-Jährigen, dem der linke Unterarm fehlt, bricht eine neue Phase seines jungen Sportlerlebens an.

„So etwas Professionelles habe ich noch nie erlebt“, sagt Meixelsberger über das Bikefitting in der  Schaub Sports-Filiale im Berliner Tor. Seit einer Woche ist der Paratriathlet in Freiburg, begleitet von Bundestrainer Tom Kosmehl. Meixelsberger lässt sich von den Schaub-Experten eine Prothese anfertigen, die es ihm ermöglicht, sein neues Rennrad zu fahren – und zwar nicht einarmig, wie bisher auf seinem alten Zeitfahrrad, sondern aufgestützt mit beiden Armen am Lenker der Rennmaschine.

Sicherheit an erster StelleDie Carbon-Prothese  ist über einen Adapter fest mit dem Lenker verbunden.  „Den Adapter haben wir im 3D-Druck-Verfahren hergestellt“, sagt Dorothee Martin-Schumann. Die Orthopädie-Technik-Meisterin von Schaub ist für die Mechanik der Konstruktion verantwortlich. Zunächst wurde Meixelsbergers  Sitzposition in  einem Scanverfahren erfasst. Ein Gipsabdruck seines Unterarms ergab die Passform für die Prothese. Das größte Augenmerk lag auf der Fixierung des Adapters mit dem Lenker. Unter Volllast und bei hohen Geschwindigkeiten muss die Technik standhalten. „Der Sicherheits-Aspekt ist  besonders wichtig“, sagt Schaub-Experte Patrick Kromer, der selbst acht Jahre Bundestrainer im Behindertenradsport war.

Tom Meixelsberger ist überzeugt, dass er sich auf die neue Prothese verlassen kann. „Eher bricht der Lenker“, sagt  der junge Leistungssportler aus Mittelsachsen. Die Tatsache, dass Kromer und Para-Bundestrainer Kosmehl sich gut kennen und so die Zusammenarbeit mit der Freiburger Firma erst zustande kam, ist für Meixelsberger ein Glücksfall – und für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. „Wir haben den weiten Weg aus Potsdam gerne auf uns genommen, um uns das große Know-How hier in Freiburg zunutze zu machen“, sagt Kosmehl.

Meixelsberger bildet an seiner Sportschule in Potsdam eine Trainingsgruppe mit nichtbehinderten Athleten. „Das ist eine super Sache. Die anderen merken, dass es Sportler gibt, die noch mehr leisten mussten als sie“, sagt er. Die Triathleten pushen sich gegenseitig – und Meixelsberger freut sich jedes Mal diebisch, wenn er schneller als einer der Nichtbehinderten ist. Aber er gibt  sich bescheiden. Als reiner Schwimmer stellte er zwar mehrere deutsche Rekorde auf und hatte gute Chance auf ein Paralympics-Ticket. Doch Triathlet ist er erst seit knapp einem Jahr. „Ich will erst mal ankommen“, sagt er. Doch wer weiß: vielleicht sieht man  ihn 2024 bei den Paralympischen Spielen in Paris – natürlich mit einer Prothese aus Freiburg. Matthias Joers Freiburger Wochenbericht